Das neue Urheberrecht

eLending

Bibliotheken bieten im Rahmen ihres Informations- und Bildungsauftrages als öffentlich finanzierte Kultur- und Bildungseinrichtungen auch das sog. eLending, d.h. die elektronische Ausleihe insbesondere von eBooks, an. Seit 2007 ist das digitale Angebot der Bibliotheken kontinuierlich angewachsen.

Die traditionelle Ausleihe physischer Bücher ist urheberrechtlich privilegiert. Bibliotheken können alle am Markt verfügbaren Werke im Buchhandel frei erwerben und für die Ausleihe bereitstellen. Neben dem Kaufpreis ist für diese Ausleihe in Deutschland lediglich pauschal die sog. Bibliothekstantieme zu zahlen. Die Kaufpreise werden aus dem Medienbudgets der Bibliotheken bestritten, weitergehende Verträge mit Verlagen werden nicht geschlossen. Die Länder und der Bund stellen die Mittel für die Bibliothekstantieme zur Verfügung.

eLending beruht demgegenüber auf dem Erwerb von Lizenzen, für die die Verlage unmittelbar honoriert werden. Das System der Bibliothekstantieme kommt im Bereich des eLending nicht zur Anwendung. Daraus folgt, dass der eBook-Verleih sowie der Verleih anderer digitaler Medien den Bibliotheken von den Urhebern bzw. den Verlagen im Rahmen eines Lizenzvertrages gestattet werden muss. Die Verhandlungen über die Nutzungsrechte und deren Vergütung für das digitale Verleihen übernehmen privatwirtschaftliche Aggregatoren. Sie schließen Verträge mit einer Vielzahl von Verlagen über deren digitale Inhalte, versehen diese mit einem digitalen Rechtemanagementsystem (DRM) zum Urheberschutz und stellen sie im Auftrag der Bibliotheken dann über ihre technischen Plattformen den registrierten Nutzern einer Bibliothek oder eines Bibliothekenkonsortiums zur Verfügung. Die Kosten werden aus dem für die Bibliotheken bereitgestellte Medienbudget der Kommunen bestritten. Zum Schutz der Interessen der Verlage wird das Ausleihmodell für die digitalen Inhalte häufig dem System für den Verleih physischer Medien nachgebildet. Wie bei einem physischen Buch kann dann z.B. auch ein eBook – trotz der einfachen Vervielfältigungsmöglichkeit – pro erworbener Lizenz regelmäßig nur einmal digital ausgeliehen werden (sog. serielles Modell).

Die Entscheidung, ob und zu welchen Konditionen ein eBook Nutzern öffentlicher Bibliotheken zur Verfügung gestellt werden kann, liegt ausschließlich bei den Verlagen. Diskussionspunkte bei Vertragsverhandlungen sind häufig die Weigerung der Lizenzierung, hohe Preise oder das sog. Windowing, bei dem insb. Bestseller erst bis zu zwölf Monaten nach ihrem Erscheinen für das eLending zur Verfügung gestellt werden.

Die Urteile des EuGH aus 2016 „Stichting Leenrecht“ und Dezember 2019 „Tom Kabinet“ haben hier einige strittige Punkt geklärt, gleichzeitig aber eine Reihe weiterer rechtlicher Fragen aufgeworfen, die am einfachsten durch den Gesetzgeber zu lösen wären. Ohne eine gesetzliche Regelung, zu der man sich im Rahmen des Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes nicht durchringen konnte, werden die Interessengegensätze vor allem vertraglich austariert werden müssen.

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