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STATUS QUO | ÜBERBLICK: Erstes Quartal 2010

Wir präsentieren eine neue Ausgabe unserer Mandanteninformation STATUS QUO. Sie beinhaltet aktuelle medienrechtliche Thematiken des ersten Quartals 2010.

Überblick: Erstes Quartal 2010

A. Zugangserschwerungsgesetz

Das Zugangserschwerungsgesetz ist am 23. Februar 2010 in Kraft getreten nach dem der Bundespräsident es ausgefertigt hat. Jedoch möchte die Regierung die umstrittenen neuen Regelungen, Webseiten mit  kinderpornographischen Inhalten zu sperren, nicht umsetzen. Die Einführung des Gesetzes hat eine breite  Diskussion entfacht, auf der einen Seite wird eine mögliche Zensur befürchtet. Auf der anderen Seite muss ein gewisses Maß an Regulierung im Hinblick auf das Internet erfüllt sein. Die Bundesregierung beabsichtigt eine Gesetzesänderung, die die Löschung kinderpornographischer Inhalte im Internet vereinfachen soll und die Regelung kinderpornographische Inhalte zu sperren wieder aufhebt. Die Oppositionsparteien hingegen (SPD/Bündnis90/GRÜNE, Die Linke) streben die Aufhebung des Gesetzes an und beanstanden, dass die ledigliche Nichtumsetzung, basierend auf Anweisung der Regierung ggü. dem Bundeskrimanalamt nicht verfassungsgemäß ist. Zur kurzen Erinnerung, Access-Provider sind durch das Zugangserschwerungsgesetz angehalten: 

  • den Zugang zu Webseiten mit Kinderpornographie und solchen, die auf kinderpornographische Inhalte verweisen, zu sperren. Die Webseiten, die kinderpornographische Inhalte enthalten, sollen vom  Bundeskriminalamt ermittelt werden und auf eine sogenannte „schwarze Liste“ gesetzt werden.
  • Internetnutzer, die versuchen Webseiten, die auf der schwarzen Liste stehen, aufzurufen, auf eine Stoppseite umzuleiten.
  • eine anonyme Liste an das Bundeskriminalamt im wöchentlichen Rhythmus weiterzuleiten, die die stündliche Anzahl der Versuche Webseiten, die auf der „schwarzen Liste“ stehen, aufzurufen, dokumentiert.

B. Vorratsdatenspeicherung

Das Bundesverfassungsgerichts hat am 2. März 2010, Az.: 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08,  entschieden, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, gegen die Verfassung verstößt und daher nichtig ist. Zweck des Gesetzes sollte die Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung zur
Verbesserung der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr sein. Fast 35.000 Bürger hatten gegen das Gesetz Beschwerde eingelegt. Die Regelungen sind mit dem Telekommunikationsgeheimnis unvereinbar. Zwar ist eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang nicht von vornherein schlechthin verfassungswidrig. Es fehlt aber an einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Ausgestaltung. Es werde weder eine  hinreichende Datensicherheit noch eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke der Daten erfüllt. Gerügt wurden zudem die mangelnde Transparenz und die unzureichenden Rechtsschutzanforderungen. Das Gesetz ist damit insgesamt verfassungswidrig und nichtig. Die Zulässigkeit der Richtlinie wurde nicht in Frage gestellt und daher auch von einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH abgesehen.
 
Die bisher erhobenen Daten sind nun umgehend zu löschen. Betroffen sind damit die seit 2008 jeweils für 6 Monate nach Erhebung gespeicherten Verbindungsdaten aus der Telefon-, Email-, und Internetnutzung und Handystandortdaten. Gefordert wurde von den Richtern, dass der Gesetzgeber auf Grund des besonders
schweren Eingriffs mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennen würde, einen strengen Maßstab für die Datensicherheit schaffen müsse. 
 
Nach dem BVerfG sind weniger strenge Anforderungen, an eine nur mittelbare Verwendung der vorsorglich gespeicherten Daten in Form von behördlichen  Auskunftsansprüchen gegenüber den Diensteanbietern  hinsichtlich der Anschlussinhaber bestimmter bereits bekannter IP -Adressen, zu stellen. Die Behörden erhielten
selbst keine Kenntnis der vorsorglich zu speichernden Daten. Zudem werde für solche Auskünfte nur ein von vornherein feststehender kleiner Ausschnitt der Daten verwendet. Auf Grund der geringeren Eingriffsintensität seien deutlich geringere Voraussetzungen erforderlich. Die Regierung ist sich nach dem Urteil uneinig in welchem zeitlichen Rahmen ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorgelegt werden soll.

C. Neues Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Seit fast einem Jahr fordern deutsche Presseverleger vom Gesetzgeber ein eigenes Leistungsschutzrecht, um ihren organisatorischen, technischen und finanziellen Aufwand im Hinblick auf Pressepublikationen im Internet zu schützen. De lege lata haben Presseverleger kein eigenes Leistungsschutzrecht, jedoch können sie ihre Rechte von Journalisten ableiten, denen die Urheberrechte an den Artikeln zustehen. In der sogenannten Hamburger Erklärung zum Schutz des geistigen Eigentums vom 25. Juni 2009 plädieren deutsche und europäische  Presseverleger nachhaltig für eine dringende Verbesserung des Schutzes von geistigem Eigentum im Internet. Die neu gewählte deutsche Regierung unterstützt das Vorhaben. Die CDU/CSU und die FDP kündigten im Koalitionsvertrag der Regierung (http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf) an, die Schaffung eines solchen Rechts für einen besseren Schutz von Pressepublikationen anzustreben. Ein erster Gesetzesentwurf wurde bereits Ende November 2009 erwartet. Bis heute liegt jedoch keiner vor. Die Umsetzung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger gestaltet sich schwieriger als erwartet. Es gilt einen  weitestgehenden Interessenausgleich zwischen den Autoren, Verlegern, den kommerziellen Nutzern und den Endnutzern zu finden. Besonders die Interessenverbände von Internet- Providern und Bloggern lehnen ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger ab. Sie befürchten ein Informationsmonopol, das den freien Austausch von Informationen und die Freiheit der Meinungsäußerung einschränkt.

D. Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“

Am 4. März 2010 entschied der Bundestag einstimmig über die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. Die Besetzung der Enquete-Kommission soll aus 17 Abgeordneten und ebenso vielen Sachverständigen bestehen. Die Kommission soll gesetzliche Rahmenbedingungen für das Internet und die digitale Gesellschaft entwickeln. Fokussiert wird sie sich mit den folgenden übergeordneten Aspekten beschäftigen:

  • Kultur und Medien
  • Wirtschaft und Umwelt
  • Bildung und Forschung
  • Verbraucherschutz
  • Recht und Innen
  • Gesellschaft und Demokratie

Zu den einzelnen Unterpunkten gehören u.a. Urheberrechtsschutz, Datenschutz, Jugendschutz, Netzneutralität, Pluralismus der Medien und die Durchsetzung von Rechten in der digitalen Welt. Eine Präsentation der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen soll bis zur parlamentarischen Sommerpause 2012 erfolgen, ein Zwischenbericht wird bereits bis Ostern 2011 erwartet.