Special: Medienprivileg

Teil IV: Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken

Auch die Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen, künstlerischen und literarischen Zwecken ist datenschutzrechtlich privilegiert. Art. 85 Abs. 2 DSGVO gibt vor, dass auch für diese Zwecke Abweichungen und Ausnahmen vom nationalen Gesetzgeber formuliert werden müssen. Auch für diese Zwecke verweist Erwägungsgrund 153 S. 2 auf Art. 11 GRCh, also die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit als primäres Schutzgut. Art. 85 Abs. 1 DSGVO fordert die Mitgliedstaaten auf, auch bei der Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen und künstlerischen Zwecken eine Abwägung zwischen Datenschutz und der Freiheit der Kunst und Wissenschaft vorzunehmen. Wissenschaftliche und künstlerische Zwecke sind daneben im Lichte der Freiheit von Kunst und Wissenschaft nach Art. 13 GRCh auszulegen.

Kunst ist dabei als freie schöpferische Gestaltung zu verstehen, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden. Die Kunstfreiheit schützt sowohl den Werkbereich (Erstellung des Kunstwerkes) wie auch den Wirkbereich (Vermittlung der Kunst nach außen) und in persönlicher Hinsicht den Kunstschaffenden selbst sowie den Mittler eines Kunstwerkes. Die Wissenschaftsfreiheit umfasst die Forschung und akademische Lehre.

Die Datenverarbeitung muss der Kunst oder der Wissenschaft dienen, rein künstlerische bzw. wissenschaftliche Tätigkeiten ohne Bezug zu Art. 11 GRCh sind nicht privilegiert. Es muss also bei der Zweckbindung die meinungsbildende Wirkung im Vordergrund stehen, allerdings können die Grenzen des zweckentsprechenden Gebrauchs persönlicher Daten fließend sein.

Zu beachten ist, dass Art. 89 Abs. 2 DSGVO eine gesonderte Öffnungsklausel für Datenverarbeitungen zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken – losgelöst von Art. 11 GRCh – enthält, der jedoch lediglich Ausnahmen von den Rechten aus den Art. 15, 16, 18, 21 DSGVO vorsieht. Die Regelungen wurden vom Unionsgesetzgeber nicht aufeinander abgestimmt. Art. 85 Abs. 2 der DSGVO geht weit über den Wortlaut des Art. 89 Abs. 2 DSGVO hinaus. Es wird daher die Auffassung vertreten, dass im Bereich der wissenschaftlichen Forschung Art. 85 Abs. 2 DSGVO maßgebend sei. Im Rahmen der Abwägung nach Art. 85 Abs. 1 müssten die Grundsätze des Art. 89 Abs. 1 DSGVO berücksichtigt werden.

Von dem Begriff der literarischen Zweckbestimmung werden belletristische Werke, Sachliteratur sowie Datenbestände von selbstständigen Buchautoren umfasst. Vor allem die fachbezogene Recherche ist oft auf die Auswertung personenbezogener Daten angewiesen und gibt daher Anlass, der Meinungs- und Informationsfreiheit den Vorzug zu geben.

Nicht abschließend geklärt ist, ob die Privilegierung die ausschließliche Verfolgung der in Art. 85 DSGVO genannten Zwecke voraussetzt. Dagegen spricht, dass anders als in der Vorgängerregelung des Art. 9 der DSRL die Ausschließlichkeit der Zweckbestimmungen nicht mehr explizit im Wortlaut des Art. 85 DSGVO erwähnt wird. Andererseits weist Erwägungsgrund 153, der bei der Auslegung grundsätzlich berücksichtigt werden muss, gerade auf dieses Erfordernis weiterhin hin.