Special: eSport

1. Anerkennung des eSports als Sport

eSport ist in Deutschland bisher nicht als Sport anerkannt. Für eine solche Anerkennung treten eSport-Verbände ein, um eine stärkere gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen, aber auch um in den Genuss der mit der Anerkennung einhergehenden Privilegierungen und Fördermöglichkeiten zu kommen.

a) Stand der Diskussion

Es gibt in Deutschland keine Legaldefinition von Sport durch den Gesetzgeber. Zentral in diesem Kontext ist die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit gem. § 52 Abs. 2 Nr. 21 und § 67a AO. Unter Gemeinnützigkeit ist die Förderung der Allgemeinheit zu verstehen, worunter auch die Förderung des Sports fällt. Der BFH hat bei der Einordnung eines Sachverhaltes unter den Begriff des Sports in seiner früheren Rechtsprechung auf die Eignung der zugrundeliegenden Disziplin zur körperlichen Ertüchtigung durch Leibesübungen abgestellt (vgl. Beschluss vom 23. Juli 1969 – I R 168/66, Rn. 14; BFH, Urteil v. 13.12.1978, Az. I R 2/77; Urteil v. 16.12.1987, Az. I B 68/87). Zwischenzeitlich hat er diese restriktive Rechtsprechung gelockert und zum Beispiel den Motorsport als Sport im Sinne dieser rechtlichen Regelungen anerkannt. Für die Einordnung einer Aktivität als Sport ist für den BFH nunmehr nur noch erforderlich, dass eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität vorliegt, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung gekennzeichnet ist (BFH DStR 1998, 113).

Einige Stimmen im Schrifttum sind in Anlehnung an diesen liberaleren Ansatz des BFH der Auffassung, dass die Anerkennung des eSports als Sport jetzt möglich und damit ein Anspruch auf die steuerlichen Vergünstigungen gemäß AO gegeben sein sollten.

Der DOSB vertritt bislang die Auffassung, die eSport-Branche sei als Wirtschaftsbranche ausschließlich gewinnorientiert und könne daher grundsätzlich nicht als Sport anerkannt werden (dazu Schirp). An der Gemeinnützigkeit, die der DOSB in § 4 seiner AufnahmeVO zur organisatorischen Aufnahmebedingung macht, fehle es. Zudem handele es sich bei eSport nicht um Sport im Sinne des § 3 seiner AufnahmeVO. Es mangele an einer eigenen sportartbestimmenden Aktivität, die bei der Bewältigung eines technischen Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung eines Menschen nicht vorliege. Darüber hinaus sieht die AufnahmeVO des DOSB eine Reihe weiterer inhaltlicher wie organisatorischer Aufnahmebedingungen vor, wie zum Beispiel die Erhaltung ethischer Werte (was mit Blick auf Ego-Shooter-Spiele entschieden abgelehnt wird) sowie einer bundesweiten Mitgliederzahl von 10.000 und der Mitgliedschaft von mindestens acht Landesverbänden (die im eSport bislang nicht existieren, da die Szene weitestgehend privat organisiert ist).

Hier zeigt sich, dass die zum Teil recht tradierten Positionen um die Einordnung des eSports als Sport nach den Bestimmungen des DOSB und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch die Finanzbehörden weitgehend parallel laufen. Einige sehen hier die Wahrscheinlichkeit, dass beide Seiten sich wechselseitig bedingen und eine Liberalisierung auf der einen Seite eine Liberalisierung auf der anderen Seite nach sich ziehen würde. Trotz des Zugeständnisses im Koalitionsvertrag von Union und SPD, dass eSport in Deutschland als offizielle Sportart anerkannt werden soll, tun sich die politischen Akteure seither schwer. Aber hier zeichnet sich nicht nur innerhalb des DOSB und des IOC, sondern auch in den politischen Reihen (so das Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion zum „Ehrenamtsgesetz 2021, abrufbar unter www.cducsu.de) derzeit eine Linie ab, wonach eine Anerkennung zumindest für Sportsimulationen wie im Basketball oder Fußball, realisiert werden könnte.

Nach der hier vertretenen Auffassung verfügt der eSport jedoch über die Eigenschaften und Charakteristika, die an Sport angelegt werden. Mittlerweile ist wissenschaftlich erwiesen, dass eSportler sehr wohl körperliche Anforderungen erfüllen, die denen anderer Hochleistungssportler nahekommen: Es bedarf einer besonderen Geschicklichkeit, einer versierten Hand-Augen-Koordination, einer enormen Reaktionsgeschwindigkeit (eSportler klicken bis zu 400x pro Minute auf Maus, Tastatur, Gamepad), taktischen Geschicks, vorausschauenden Denkens und einer hohen psychischen wie physischen Belastbarkeit. Froböse hat in einer Studie festgestellt, dass im Wettkampf der Cortisolspiegel eines Gamers auf ungefähr dem gleichen Niveau wie dem eines Rennfahrers liegt und die Herzfrequenz mit der eines Marathonläufers vergleichbar ist. Solche Anforderungen setzen ein regelmäßiges und zielgerichtetes körperliches Training und eine angemessene Ernährung voraus (vgl. Sportwissenschaftler: eSport-Profis sind wahre Athleten“). Vor diesem Hintergrund spricht vieles für eine Anerkennung des eSports als Sport. Es bleibt abzuwarten, wie lange insbesondere der DOSB in dieser Hinsicht an seiner bisherigen Auffassung festhalten wird oder sich kurz bis mittelfristig eine Kompromisslinie findet.

b) Rechtliche Konsequenzen einer fehlenden Anerkennung

Die Mitgliedschaft im DOSB hätte nach dessen Satzung eine unmittelbare Partizipation an Förderleistungen zur Folge. DOSB-Mitglieder haben einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Allein der Bund schüttet Millionengelder zur Förderung des Verbandssports aus. Solche Mittel bleiben dem eSport bisher versagt.

Neben der fehlenden steuerlichen Anerkennung der Gemeinnützigkeit haben eSport-Teams auch keinen Zugriff auf die Sportförderung der Länder, die eSport bisher ebenfalls noch nicht als Sport anerkannt haben. Damit entfällt bislang auch die Förderung der Einrichtung von Trainingsräumen oder der Entwicklung von Trainingsplänen auf wissenschaftlicher Grundlage, was besonders relevant für die Förderung und weitere Professionalisierung des eSports wäre.

Aufgrund der fehlenden Anerkennung des Status als professionelle Sportler hatten eSportler aus EU-Drittstaaten mitunter Schwierigkeiten bei der Einreise, um in Deutschland internationale Turniere bestreiten zu können. In Deutschland ist zwischenzeitlich eine Änderung der Beschäftigungsverordnung in Kraft getreten, wonach Profi-eSportler aus dem Ausland einfacher eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

Anbieter, die in physischen Räumlichkeiten, also nicht online, stattfindende eSport-Events organisieren, werden unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung derzeit davon ausgehen müssen, dass sie eine Spielhallenerlaubnis nach § 33i S. 1 GewO benötigen, wenn die von ihnen organisierten Veranstaltungen vornehmlich dadurch geprägt sind, dass die Besucher der Veranstaltung selbst spielen und nicht das Zuschauen bei Spielen professioneller eSport-Clans im Vordergrund steht. Dies folgt aus der Rechtsprechung der Gerichte zur rechtlichen Qualifizierung von Internet-Cafés, nach denen solche eine Spielhalle darstellen, wenn die dort aufgestellten Computer zwar über einen Internet-Zugang verfügen, der Schwerpunkt der Nutzung der Computer jedoch auf (Online-)Spielen liegt (BVerwG MMR 2005, 525). Für von Vornherein allein auf das Spielen ausgerichtete Angebote gilt dies umso mehr. Eine Berufung darauf, dass eSport gerade Sport und nicht Spiel ist, bleibt bis dato verwehrt. In jugendschutzrechtlicher Hinsicht hat dies darüber hinaus zur Folge, dass das Betreten solcher Räumlichkeiten nur erwachsenen Personen gestattet werden darf.

Eine Anerkennung des eSport als Sport hätte neben den skizzierten Vorteilen aber auch zur Folge, dass das Anti-Doping Gesetz Anwendung fände. Dieses schützt nicht nur die Chancengleichheit hinsichtlich des sportlichen Erfolgs, sondern auch die hiervon berührten wirtschaftlichen Interessen, wie Gehälter, Preisgelder, etc. Ein Verstoß könnte zugleich lauterkeitsrechtliche Ansprüche nach sich ziehen.

bb) Jugendschutzrechtliche Aspekte bei der medialen Übertragung von eSport-Events

Werden eSport-Events gestreamt oder als On-Demand-Angebote vorgehalten, so sind hinsichtlich des Jugendschutzes die Regelungen des JMStV zu beachten.

Danach gilt insbesondere, dass jugendgefährdende Angebote grundsätzlich nicht verbreitet oder zugänglich gemacht werden dürfen, § 4 Absatz 2 Nr. 3 JMStV. Bei entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten muss dafür Sorge getragen werden, dass Minderjährige der betroffenen Altersstufen diese üblicherweise nicht wahrnehmen. Im unverschlüsselten Fernsehen und Telemedien gelten die nach Altersstufen gestaffelten Sendezeitgrenzen des § 5 JMStV. Ungeklärt ist hierbei vor allem das Verhältnis der USK-Kennzeichnung des auf dem eSport-Event gespielten Videospiels zu den Altersgrenzen-Regelungen des JMStV. Im Schrifttum wird vorrangig vertreten, dass bei der Übertragung von eSport-Bewegtbildern nicht zwingend die USK-Kennzeichnung des gespielten Spiels zu beachten ist, vielmehr entstehe durch den moderierten bzw. kommentierten Stream und die Zusammenschnitte ein neues (Gesamt-)Filmwerk, welches einer eigenständigen Prüfung hinsichtlich der Alterseinstufung bedürfe. Diese müsse daher unabhängig von der Einstufung des gespielten Spiels neu bestimmt werden. Für die Einzelfallabwägung seien zudem die Kunstfreiheit und das Berichterstattungsprivileg zu beachten. Entscheidend für diese Auffassung spricht, dass das bloß abgefilmte Geschehen lediglich passiv konsumiert wird und aufgrund der fehlenden Interaktivität nicht die gleiche Wirkungsmacht entfaltet wie das Spielen des Videospiels selbst.