Special: eSport

3. Rechtsfragen der Vermarktung von eSport

Hinsichtlich der medialen Auswertung von Veranstaltungen kommt den Wettkampfveranstaltern eine zentrale Stellung zu. Neben dem Verkauf von Eintrittskarten sowie Sponsoring und Werbung handelt es sich hierbei um die Erlösquelle mit dem größten Wachstumspotential. Dabei werden neben den Fragen des Ursprungs und der Verwertung medialer Übertragungsrechte auch besondere medienrechtliche Anforderungen adressiert, die sich insbesondere aus der Werberegulierung ergeben.

a) Hausrecht des Veranstalters

Wie im klassischen Arenasport gilt: Grundlage der wirtschaftlichen Auswertung von Sportereignissen ist, in Ermangelung eines besonderen Veranstalterschutzrechts, das Hausrecht des Veranstalters. Dieses erwächst ihm aus seiner tatsächlichen Herrschaft über die Spielstätte. Hierüber kann der Inhaber frei disponieren, so kann er insbesondere den Zutritt zum Veranstaltungsort zum Zweck der Berichterstattung nur unter Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts gewähren.

Zudem kann der Veranstalter, wie heute etwa in der Fußball-Bundesliga und bei anderen sportlichen Großereignissen (Fußball-Welt- und Europameisterschaften) üblich, das Sendesignal selbst produzieren (lassen) und interessierten Sendern und Plattformen lizenzieren. Dies ist zumindest im Bereich des Profisports verbreitet, da der Veranstalter hierdurch eine größere Kontrolle sowohl über den Inhalt der Berichterstattung als auch über etwaige Folgenutzungen des Bildmaterials erhält.

b) Praxis der Vermarktung medialer Rechte

Die bereits erwähnte Heterogenität der Veranstaltungen, die zentrale Rolle der Spielehersteller bei der kommerziellen Auswertung ihrer Spiele wie auch eine global asymmetrische Nachfrage haben bislang die Herausbildung eines ausdifferenzierten Vermarktungssystems erschwert. Dabei ist die Logik der vertraglichen Gewährung medialer Nutzungsrechte zunächst vergleichbar mit dem klassischen Sport. Jedoch steht bisher das Erzielen einer möglichst großen Reichweite durch die Lizenzierung an frei zugängliche Streaming-Plattformen im Vordergrund. Die Internationalität der Plattformen entspricht der Globalität des eSport. Dies widerspricht auch den Bedürfnissen des Pay-TV nach möglichst weitreichender Exklusivität, um Abonnenten zu gewinnen und zu halten. Das klassische lineare Fernsehen berichtet daher in erster Linie im Free-TV über eSport.

c) Sponsoring und Werbung im Kontext von eSport-Veranstaltungen

Bei „klassischen“ Sport-Ereignissen und ihrer Übertragung sind Werbung und Sponsoring allgegenwärtig. Als augenfälliges Beispiel seien nur die Banden- und Trikotwerbung beim Fußball erwähnt. Physische Werbung oder Sponsoring ist auch am Austragungsort eines eSport-Events zu finden. Hinsichtlich des Sponsorings von eSport-Veranstaltungen bzw. der teilnehmenden Teams und Spieler ergeben sich keine eSport-spezifischen Probleme. Anders kann dies sein, wenn bereits die für die Veranstaltung genutzten Videospiele Werbung enthalten und das eSport-Event medial verwertet wird. Hierbei können sich vertragliche Konfliktsituationen, urheber- und lauterkeitsrechtliche Fragestellungen sowie regulatorische Beschränkungen ergeben.

aa) Vertragliche Konfliktsituationen

Auch in Videospielen finden sich zunehmend Werbeinhalte, die in das eigentliche Spiel integriert sind. Diese Werbeform wird auch als In-Game-Advertising bezeichnet. So enthält das wohl bekannteste virtuelle Pendant zum realen Fußball, die FIFA-Spieleserie, Bandenwerbung. Auch im Kontext der Werbung und des Sponsorings ist daher die Rolle der Spielehersteller im Marketinggeflecht zu beachten. Gerade im Fall von Sportsimulationen, die in möglichst naturgetreuer Wiedergabe des „echten“ Sports auch die Trikot- oder Stadionsponsoren der simulierten Mannschaften und Orte nachbilden, kann sich schnell ein Konflikt zwischen den Interessen der „Original-Sponsoren“ des virtuell nachgestellten Teams bzw. Spielers und jenen des Event-Sponsoren des eSport-Wettkampfs ergeben.

Das Potential eines Konfliktes zwischen den Inhalten der auf eSport-Events eingesetzten Videospiele und der im weiteren Umfeld der Veranstaltungen stattfindenden Darstellung kooperierender Sponsoren durch Spieler, Clans und Veranstalter ergibt sich insbesondere aus vertraglichen Exklusivitäts- oder sonstigen Konkurrenzausschlussregelungen der Spielehersteller mit Sponsoring- und Werbepartnern einerseits sowie den Veranstaltern von eSport-Events andererseits. Hat Coca-Cola z. B. einen Vertrag über eine virtuelle Bande in einem Sportspiel abgeschlossen, kann sich ein Konflikt daraus ergeben, dass Pepsi-Cola das eSport-Event mit dem entsprechenden Sportspiel sponsert. Um das Risiko von Vertragsverletzungen zu vermeiden, müssen entsprechende Situationen bedacht und Ausschlussklauseln in die Verträge aufgenommen werden.

bb) Urheberrechtliche Fragestellungen

Werbung und Sponsoring sind bedeutende Bestandteile der eSport-Wertschöpfungskette. Die Integration werblicher Elemente durch einen vom Spielehersteller unabhängigen Veranstalter in das Spiel unmittelbar oder in die Spielberichterstattung wirft auch urheberrechtliche Fragestellungen auf. In diesem Fall kann die Werbung mit bestehenden Urheberrechten konfligieren.

Nach § 23 S. 1 UrhG dürfen Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes nur mit Einwilligung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Darüber hinaus bestimmt § 39 Abs. 1 UrhG, dass der Inhaber eines Nutzungsrechts das Werk nicht ändern darf, wenn nichts anderes vereinbart ist. Eine Einfügung werblicher Inhalte in das Spiel selbst oder ein Überblenden der graphisch-visuellen Spieloberfläche mit Werbung bedürfte daher einer vertraglichen Regelung. Andernfalls könnte dies einen Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers nach § 14 UrhG begründen. Letzterer hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Für herkömmliche Filmwerke wird für den Fall von Unterbrechungen durch Werbung wegen des Veränderns des Charakters des Films als fortlaufende Erzählung das Vorliegen einer Beeinträchtigung eines Filmwerkes teilweise angenommen, das Einfügen von Werbung sei daher ohne Einwilligung des Urhebers unzulässig. Überträgt man diese Sicht, würde auch die Unterbrechung des Spielgeschehens im Rahmen einer medialen Berichterstattung zu einem eSport-Event durch das Einfügen von oder das Überblenden durch Werbung eine Einwilligung des Spieleherstellers voraussetzen.

cc) Lauterkeitsrechtliche Fragestellungen

In wettbewerbsrechtlicher Hinsicht ist bei der Integration von Werbung in ein Spiel im Rahmen eines eSport-Events insbesondere das in § 5a Abs. 6 UWG verankerte Verbot von Schleichwerbung zu beachten.

Schleichwerbung ist die Tarnung einer Werbeaussage durch Vorspiegeln oder Verschweigen von Umständen insbesondere in der Weise, dass der angesprochene Verkehrskreis diese nicht mehr als solche erkennen kann. Je nach Gestaltung der integrierten Werbung kann nun fraglich sein, ob ein werbliches Element als ein solches von den durch eSport-Events angesprochenen Verkehrskreisen identifiziert wird. Werden die werblichen Inhalte so eingebunden, dass sie als neutraler Bestandteil, als virtuelles Realitätsbeiwerk des Spiels erscheinen, kann zweifelhaft sein, ob die notwendige Erkennbarkeit gegeben ist.

dd) Regulatorische Beschränkungen für Rundfunk und Telemedien

Wird ein eSport-Event live über das Internet gestreamt oder die Bewegtbilder des Events im Nachgang zur Gänze oder in Teilen zum Abruf vorgehalten, so hat der Bewegtbild-Anbieter, also der Anbieter des Live-Streams oder des On-Demand-Angebotes in Deutschland die Regelungen des RStV hinsichtlich Werbung und Sponsoring zu beachten. Dieser enthält insbesondere in den §§ 7 und 8 RStV Regelungen, die sowohl für den Rundfunk als auch für On-Demand-Angebote Relevanz haben. Dazu kann an dieser Stelle nur ein kurzer Überblick gegeben werden.

Hinsichtlich des Einbindens von Werbung in Bewegtbild-Angebote müssen grundsätzlich zwei Konstellationen unterschieden werden. In der ersten Konstellation fügt der Medienanbieter selbst Werbung in die von ihm bereitgestellten Bewegtbilder ein. In der zweiten übernimmt er die werblichen Inhalte, die am Ort des Spiels vorhanden sind. Zunächst gilt, dass bei beiden Konstellationen der Bewegtbild-Anbieter die „Grundgebote“ des Werberechts und ihre regulatorischen Konkretisierungen beachten muss. Diese Grundgebote sind das Trennungs- und das Erkennbarkeitsgebot. Das Trennungsgebot setzt voraus, dass die eigentlichen Bewegtbild-Inhalte und die werblichen Inhalte (eindeutig) voneinander getrennt sein müssen. Es darf keine Vermischung von eigentlichem (gesendeten) Inhalt und Werbung erfolgen. Das Erkennbarkeitsgebot setzt voraus, dass Werbung leicht bzw. klar als solche zu erkennen sein muss. Hinsichtlich des rundfunkrechtlichen Erkennbarkeitsgebotes und dessen Kriterien ergeben sich dabei grundsätzliche Parallelen zum bereits angesprochenen lauterkeitsrechtlichen Verbot von Schleichwerbung, die rundfunkrechtlich nach § 7 Abs. 7 S. 1 RStV ebenfalls explizit verboten ist.

Die erste Konstellation, das Einfügen von Werbung durch den Bewegtbild-Anbieter selbst und unabhängig von weiteren Beteiligten, folgt, unter Beachtung der oben skizzierten urheber-, lauterkeits- und vertragsrechtlichen Einschränkungen, den herkömmlichen Werbe-Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages. Hingewiesen werden soll an dieser Stelle nur darauf, dass § 7 Abs. 6 RStV zwar eine Regelung zur Einfügung virtueller Werbung trifft, diese Regelung aber nicht dahingehend verstanden werden kann, dass sie die Einfügung von Werbung in die virtuelle Realität des Videospiels betrifft. Bei dieser Regelung geht es vielmehr darum, dass sie das Ersetzen von „am Ort der Übertragung ohnehin bestehende[r] Werbung“ unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erklärt. Paradebeispiel ist das Überblenden von in einem Fußballstadion physisch vorhandener Bandenwerbung durch digital eingespielte Werbung.

Will ein Bewegtbild-Anbieter in die laufende eSport-Berichterstattung Werbung einfügen, so kann er sich aber der Split-Screen-Werbung, also der „Teilbelegung des ausgestrahlten Bildes mit Werbung“ bedienen. Auch in diesem Fall sind jedoch das Trennungs- und das Erkennbarkeitsgebot zu beachten. Die Werbung ist daher durch graphische Mittel eindeutig vom übertragenen Bild abzugrenzen und explizit als „Werbung“ zu kennzeichnen.

Bewegt man sich in der zweiten Konstellation, hat also z.B. der Spielehersteller, entsprechend der Bandenwerbung in einem realen Fußballstadion, die Werbung bereits in das Spiel eingefügt, und übernimmt der Bewegtbild-Anbieter diese Werbung, so ist dieser als Adressat der Regelungen des RStV grundsätzlich verpflichtet, auch insofern für die Einhaltung sowohl des Trennungs- als auch des Erkennbarkeitsgebotes zu sorgen. Überträgt er in das Spiel integrierte Werbung, kann aber argumentiert werden, dass er sich in einem solchen Fall auf den Grundsatz der „aufgedrängten Werbung“ berufen kann. Dieser Grundsatz besagt, dass Darstellungen, die objektiv einen Werbeeffekt beinhalten, unter dem Blickwinkel des Trennungsgebotes dann nicht zu beanstanden sind, soweit die Präsentation aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, erfolgt. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes wird etwa die Übertragung der Bandenwerbung im Rahmen eines Fußballspiels nicht als Verstoß des Übertragenden gegen das Trennungsgebot angesehen, weil die werbenden Inhalte in einem solchen Fall ohne den Willen des übertragenden Rundfunkveranstalters gezeigt werden, er vielmehr ohne jegliche werbliche Absicht nur die Realität, zu der auch die Werbung gehört, abbildet. Sofern eSport-Veranstalter bzw. Spielehersteller und der jeweilige Bewegtbild-Anbieter rechtlich und tatsächlich unabhängig voneinander im Markt agieren, erscheint es angemessen, diesen Grundsatz auch auf die mediale Berichterstattung zu eSport-Events anzuwenden. Daneben kommt in Betracht, die Sendung von in das Spiel integrierter werblicher Inhalte unter der Perspektive einer (virtuellen) Produktplatzierung nach § 7 RStV zu rechtfertigen.

Die Regelungen des RStV werden von internationalen Plattformanbietern bzw. den über sie streamenden Medienanbietern häufig nicht beachtet. Die Landesmedienanstalten haben aber in der letzten Zeit deutlich gemacht, dass sie gewillt sind, die regulatorischen Anforderungen des RStV bei auf Deutschland ausgerichteten Angeboten stärker durchzusetzen.