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OLG Hamburg: Offensichtliche Werbung bedarf keiner Kennzeichnungspflicht

Der 15. Zivilsenat des OLG Hamburg hat entschieden, dass Influencer Beiträge mit Produktdarstellungen und Herstellerhinweisen nicht ausdrücklich als Werbung kennzeichnen müssen, wenn für Verbraucher offensichtlich ist, dass es sich um Influencer-Marketing handelt.

In dem Fall war ein Wettbewerbsverband gegen eine Influencerin aus Hamburg vorgegangen, die mit Werbeverträgen ihren Lebensunterhalt verdient. Auf ihrem Instagram-Account mit rund 1,7 Mio. Abonnenten veröffentlicht sie zu den Themen Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen Bilder und Texte, die sie nur dann ausdrücklich als Werbung kennzeichnet, wenn sie hierfür eine Bezahlung von Unternehmen erhält, deren Produkte gezeigt werden. Gegenstand des Streits sind drei Postings, die ohne konkrete Bezahlung mit Hinweisen auf den Hersteller der gezeigten Produkte oder andere Unternehmen versehen sind und auf deren Instagram-Accounts verlinken. Auch hier verlangte der Verband eine ausdrückliche Kennzeichnung als Werbung.

Das OLG Hamburg hat entschieden, dass Influencer Beiträge mit Produktdarstellungen und Herstellerhinweisen nicht ausdrücklich als Werbung kennzeichnen müssen, wenn für Verbraucher offensichtlich ist, dass es sich um Influencer-Marketing handelt.

Anders als das OLG Braunschweig und das KG in ähnlichen Fällen entschieden haben, ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts der kommerzielle Zweck solcher Postings als Werbung für Verbraucher derart offensichtlich, dass die Gefahr einer Irreführung oder eine Verwechslung mit privaten oder redaktionellen Inhalten ausgeschlossen ist.

Die beklagte Influencerin betreibe ihren Account zwar als Unternehmerin und insgesamt zu kommerziellen Zwecken. Denn unabhängig von der Unentgeltlichkeit einzelner Postings diene der Account insgesamt dem Ziel, einerseits auf Produkthersteller aufmerksam zu machen und zugleich die Bekanntheit der Beklagten als Influencerin zu steigern. Auch Postings, für die die Beklagte keine Vergütung erhalte, dienten sowohl der Förderung des fremden Wettbewerbs als auch der Förderung des eigenen Wettbewerbs, jedenfalls als (potentielle) Werbepartnerin gegenüber Unternehmen, und seien als sog. geschäftliche Handlungen einzuordnen. Trotzdem sei die fehlende Kennzeichnung der Postings als Werbung nicht wettbewerbswidrig, denn der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung ergebe sich jeweils unmittelbar aus den Umständen (§ 5a Abs. 6 UWG), weil er für einen Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar sei.

Bei einem für alle Nutzer zugänglichen Instagram-Account mit rund 1,7 Abonnenten und professionell gestalteten Postings mit rund 50.000 likes sei jedem Verbraucher unmittelbar bewusst, dass es sich einen öffentlichen Auftritt der Beklagten handele, über den Influencer-Marketing verbreitet werde. Der persönliche und private Anstrich, den die Beklagte ihren Postings zu geben versuche, sei hierbei eine Marketingmaßnahme, die einem Verbraucher nicht verborgen bleibe. Die Einkleidung von Werbung in vorgeblich Privates, etwa bei Homestories über bekannte Personen mit entsprechenden Produkthinweisen, sei als Mittel zur Verkaufsförderung seit langem bekannt. Einem Verbraucher sei also bewusst, dass eine privat wirkende Aufmachung persönlicher Empfehlungen häufig dennoch Werbung sei. Zudem gebe es auch in Printmedien persönliche Produktempfehlungen einzelner Redakteure, ohne dass diese als Werbung gekennzeichnet werden müssten, wenn für die Empfehlung keine Gegenleistung erbracht werde.

Darüber hinaus wirke sich eine ausdrückliche Kennzeichnung oder deren Unterbleiben auf das Verhalten eines Verbrauchers nach der Funktionsweise des Influencer-Marketings nicht aus. Für die Abonnenten eines Influencer Accounts sei es nicht nur offensichtlich, dass dort Werbung präsentiert werde, sondern es komme ihnen ausschlaggebend darauf an, welche Produkte von dem jeweiligen Influencer beworben würden – sofern dafür keine Gegenleistung von den Unternehmen erbracht werde. Die Gründe, aus denen das Produkt dort vorgestellt werde, seien demgegenüber zweitrangig. Das Fehlen einer ausdrücklichen Kennzeichnung sei demnach nicht i.S.v. § 5a Abs. 6 UWG geeignet, einen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Weil das OLG Hamburg mit dieser Entscheidung von der Rechtsprechung anderer Obergerichte abweicht, wurde die Revision zugelassen, über die der BGH zu entscheiden hätte.

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 02. Juli 2020