Bereits das für das Trainieren der KI notwendige Abspeichern der Daten kann einen Eingriff in das Vervielfältigungsrecht der Rechteinhaber darstellen (§16 UrhG). In diesem Zusammenhang wird zu klären sein, ob die Schrankenbestimmung des Text- und Datamining (§§44b, 60d UrhG) auf kommerzielles Web Scraping anwendbar ist: Text- und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends oder Korrelationen zu gewinnen. Zulässig sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text und Data Mining. Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie für das Text und Data Mining nicht mehr erforderlich sind. Etwas anderes gilt, wenn der Rechtsinhaber sich diese Nutzung vorbehalten hat. Ein Nutzungsvorbehalt bei online zugänglichen Werken ist nur dann wirksam, wenn er in maschinenlesbarer Form erfolgt. Auslegung und Anwendung dieser Vorgaben sind nicht unumstritten und es bedarf der Prüfung im Einzelfall. Eine rechtliche Lösung für das Sammeln von urheberrechtlich relevanten Daten über erweiterte kollektive Lizenzmechanismen wird derzeit lediglich diskutiert, eine rechtliche Lösung in dieser Hinsicht ist bislang nicht in Sicht.
Viele ungeklärte Rechtsfragen ergeben sich zudem aus den Leistungsergebnissen generativer KI, die z.B. Bilder, Texte oder Musik produziert. „Werke“ sind nach dem Urheberrecht jedoch nur geschützt, wenn es sich um persönliche geistige Schöpfungen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG handelt, also solche, die von einem Menschen geschaffen wurden. Denkbar sind mit Blick auf KI-Anbieter der Schutz über sog. Leistungsschutzrechte. Sie dienen dem Schutz künstlerischer und wissenschaftlicher Leistungen oder auch von Investitionen, die in Verbindung mit der Auswertung eines Werkes stehen. Es handelt sich hierbei um Immaterialgüterrechte für die sog. Werkmittler. Zu ihnen gehören zum Beispiel Hersteller von Tonträgern oder ausübende Musiker. Das UrhG sieht hier eine Vielzahl expliziter Leistungsschutzrechte vor (wie z.B. auch für Presseverleger, Filmhersteller).
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Veröffentlichung von durch KI erstellten Werken z.B. auch das Bearbeitungsrecht nach §23 UrhG verletzen kann, nämlich dann, wenn das neu geschaffene Werk keinen „hinreichenden Abstand“ zu dem benutzten Werk einhält.
Der derzeit geltende Rechtsrahmen kann nur zum Teil bei der Lösung der hier exemplarisch aufgeworfenen Fragen herangezogen werden. Obwohl das Europäische Parlament bereits 2020 in einer Entschließung die Reform des bestehenden Urheberrechtsrahmens (P9_TA(2020)0277) forderte, wurde bislang kein einheitlicher Regulierungsansatz auf EU-Ebene verfolgt. Auch die umfassenden Regulierungsinitiativen der EU-Kommission in deren Digital- und Datenstrategie ließen urheberrechtliche Belange außen vor.
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Ihr Ansprechpartner: Prof. Dr. Dieter Frey und Dr. Hanno Magnus