Special: Exklusivität von medialen Sportrechten

Teil III: Rechtliche Grenzen der Exklusivität

Die Exklusivität medialer Rechte kann jedoch zu einer Beschränkung des Pluralismus sowie zu einer Marktabschottung führen. Ihr sind unterschiedliche rechtliche Grenzen gesetzt. Sie ergeben sich aus sektorspezifischen Regelungen des RStV zum Schutz des Pluralismus und den horizontal wirkenden Bestimmungen des Kartellrechts, welches die Spielregeln für einen fairen Wettbewerb vorgibt. Die Marktentwicklung bringt eine fortschreitende Überprüfung des derzeitigen Regelungsstandes mit sich: Bei der letzten Vergabe der Rechte an der Fußball-Bundesliga wurde zur Begrenzung der Exklusivität beispielsweise erstmals ein Alleinerwerbsverbot eingeführt. Ferner werden auch Änderungen des RStVs gefordert, die die Verfügbarkeit attraktiver Sportinhalte im Free-TV absichern sollen.

1. Sektorspezifische Regelungen des RStVes (RStV)

Im RStV gibt es eine Reihe von Regelungen, die zum Schutz des Pluralismus der Exklusivität in der Sportberichterstattung Grenzen setzen. Einschlägig sind hier vor allem die §§ 4, 5 des RStV.

a) Die Übertragung von Großereignissen, § 4 RStV

Eine Beschränkung der Exklusivrechte von Pay-TV Sendern in Deutschland ergibt sich aus § 4 RStV, der dem Informationsinteresse der Allgemeinheit an sogenannten Großereignissen Rechnung trägt. Diese Vorschrift regelt, bei welchen Großereignissen eine Ausstrahlung im frei empfangbaren und allgemein zugänglichen Fernsehprogramm ermöglicht werden muss. Als Großereignisse werden in Absatz 2 der Regelung festgelegt:

  • die Olympischen Sommer- und Winterspiele,
  • bei der Fußball-EM und -WM alle Spiele mit deutscher Beteiligung sowie unabhängig von einer deutschen Beteiligung das Eröffnungsspiel, die Halbfinalspiele und das Endspiel,
  • beim DFB-Pokal die Halbfinalspiele und das Endspiel,
  • bei Spielen der deutschen Fußballnationalmannschaft Heim- und Auswärtsspiele sowie
  • bei der UEFA Champions League und der Europa League alle Endspiele mit deutscher Beteiligung.

Die begrenzte Auswahl der Ereignisse dieser sog. „Listenregelung“ hat an einigen Stellen zu Diskussionen geführt, z.B. aufgrund der Tatsache, dass das Endspiel der UEFA Champions League bei deutscher Beteiligung ab 2018 nur noch im Pay-TV zu sehen sein könnte. Auch die Tatsache, dass die Handball WM 2017, nur über einen Online-Stream der DKB übertragen wurde. Vor allem aber der Umstand, dass die Rechte an den Olympischen Spielen 2018 – 2024 von dem amerikanischen Unternehmern Discovery für ihren Pay-TV-Sender Eurosport erworben wurden, sorgten für Diskussionen. Hier war lange unklar, ob Disney die Rechte an die ARD und das ZDF tatsächlich sublizenzieren würde, was dann erst im August 2017 erfolgte. Vor diesem Hintergrund fordern mittlerweile einige Stimmen, dass Großereignisse stärker für die Übertragung im Free-TV geschützt werden müssen. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fordern Änderungen, wie z.B. die Klarstellung, dass ein allgemein zugängliches Fernsehprogramm im Sinne der Vorschrift eine technische Reichweite von 95 Prozent haben und ein Fernsehvollprogramm darstellen müsse. Darüber hinaus solle die Listenregelung um die Handball-WM und -EM erweitert werden.

Einer solchen Erweiterung könnte der Gesetzgeber durchaus nachkommen. § 4 RStV ist in Umsetzung des Art. 14 AVMD-RL in den RStV aufgenommen worden. Der EuGH gesteht den Mitgliedstaaten für die Definition der Großereignisliste einen großen Ermessensspielraum zu. Einer Erweiterung stünde grundsätzlich nichts entgegen, soweit ein ausreichendes Interesse in der deutschen Öffentlichkeit vorliegt. Dennoch bringt eine solche Änderung erhebliche Eingriffe in die Berufsfreiheit sowie in Eigentumsrechte mit sich, da die betroffenen Rechteinhaber und ihre Lizenznehmer aus dem Pay-TV-Sektor eine Übertragung der Ereignisse im Free-TV ermöglichen müssen. Diese Entwertung ihrer Rechte müsste in jedem Fall berücksichtigt werden, falls die Länder eine Erweiterung der deutschen Liste planen. Das Informationsinteresse der Allgemeinheit muss dann mit den genannten Rechten in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.

b) Das Recht auf Kurzberichterstattung

Das Kurzberichterstattungsrecht nach § 5 RStV begrenzt als weitere medienspezifische Regelung die Exklusivität in der Sportberichterstattung. Danach steht das Recht auf unentgeltliche Kurzberichterstattung über Veranstaltungen und Ereignisse, die öffentlich zugänglich und von allgemeinem Informationsinteresse sind, jedem in Europa zugelassenen Fernsehveranstalter zu eigenen Sendezwecken zu. Das Kurzberichterstattungsrecht ist eine Konkretisierung der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und stellt in seiner jetzigen Form nach dem BVerfG einen gerechtfertigten Eingriff in die Rechte des Veranstalters nach Art. 12 Abs. 1 GG dar. Inhaltlich hat die Kurzberichterstattung dem Anlass entsprechend nachrichtenmäßig zu erfolgen und ist auf eine Dauer von in der Regel nicht länger als 90 Sekunden begrenzt. Der Wortlaut des § 5 RStV, der die Vorgaben in Art. 15 AVMD-RL umsetzen soll, hat jedoch zwei maßgebliche Problemfelder geschaffen.

Zum einen sieht § 5 RStV einen Zugang zum Veranstaltungsort (physical access) vor, wo hingegen Art. 15 AVMD-RL als präferierte Realisierung des Rechts den Zugang zum Sendesignal (signal access) des exklusiv übertragenden Fernsehveranstalters vorsieht. Zulässig nach Art. 15 AVMD-RL kann auch ein durch den Mitgliedsaat etabliertes gleichwertiges System sein, welches den Zugang mit anderen Mitteln unter fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen ermöglicht. Der 56. Erwägungsgrund erwähnt in diesem Zusammenhang auch einen Zugang zum Ort des Ereignisses. Dennoch ist fraglich, ob ein Zugang zum Veranstaltungsort nach der deutschen Regelung die geforderte Gleichwertigkeit gewährleistet. Denn mit einem Zugang zum Veranstaltungsort sind für den Rundfunkveranstalter in der Regel Kosten verbunden, da er mit eigenen Produktionsmitteln eine Sportveranstaltung aufnehmen muss. Da eine Kurzberichterstattung in der Regel 90 Sekunden nicht überschreiten darf, stellt sich schon vor diesem Hintergrund die Frage, ob eine Gleichwertigkeit aus wirtschaftlicher Perspektive gegeben sein kann. Ein Zugang zum Sendesignal bringt einen wesentlich geringeren organisatorischen und finanziellen Aufwand mit sich. Ferner würde das deutsche Recht bei Auslandssachverhalten leerlaufen, da eine Erstreckung des deutschen Anspruchs auf Zugang zum Veranstaltungsort im Ausland einen Eingriff in die Souveränität des fremden Staats darstellt. Das Recht könnte in solchen Konstellationen nur über ein Zugangsrecht zum Sendesignal effektiv gewährt werden.

Ein weiterer Konflikt mit europäischen Vorgaben ergibt sich aus der Entgeltregelung des § 5 RStV. Danach dürfen Sportveranstalter für die Ausübung des Rechts auf Kurzberichterstattung ein „billiges Entgelt“ verlangen. Die Regelung geht auf eine Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1998 zurück, wonach die Unentgeltlichkeit des Kurzberichterstattungsrechts eine unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG darstelle. Im Gegensatz dazu legt der EuGH in einer Entscheidung aus 2013 die AVMD-RL aber so aus, dass gerade kein Lizenzentgelt, sondern allenfalls die Erstattung der technischen Kosten, die durch den Signalzugang anfallen, verlangt werden dürfe. Er verweist dabei ausdrücklich auf die Grundrechtecharta: Es überwiege das Pluralismus Interesse der Allgemeinheit gegenüber der unternehmerischen Freiheit des Fernsehsenders mit Exklusivrechten.

Sollten die hier aufgezeigten Konfliktfelder über eine richtlinienkonforme Auslegung nicht gelöst werden können, wäre der Gesetzgeber, hier die für den RStV zuständigen Bundesländer, gefordert, das deutsche Recht an die Vorgaben der AVMD-RL anzupassen.

2. Kartellrechtliche Vorgaben, die die Zentralvermarktung begrenzen

Neben den genannten medienspezifischen Bestimmungen gibt das Kartellrecht wesentliche Grenzen für die Exklusivität in der Sportberichterstattung vor. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Regeln, die konzipiert sind, um Medienvielfalt zu sichern, sondern um Spielregeln, die einen freien wirtschaftlichen Wettbewerb sichern sollen.

Mit der zentralen Vermarktung medialer Rechte im Sport können horizontale wie vertikale Wettbewerbsbeschränkungen einhergehen. Beispiel Fußball-Bundesliga: Auf horizontaler Ebene wirkt die Übertragung der medialen Rechte an der Fußball-Bundesliga von Vereinen auf die DFL und die im Anschluss stattfindende zentrale Vermarktung wettbewerbsbeschränkend, da Vereine letztendlich daran gehindert werden, ihre Rechte eigenständig zu verwerten. Dies kann zu einem Angebotsmonopol führen. Auf den nachgelagerten Märkten der Programmverwertung kann es zu vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen kommen, da für Anbieter von medialem Content Fußball-Inhalte im Wettbewerb um Kunden oder Werbeeinnahmen eine tragende Rolle spielen. Insbesondere länger andauernde Exklusivvereinbarungen oder der Ausschluss bestimmter Distributionskanäle können hier zu einer Marktabschottung führen. Bei der zentralen Vermarktung gebündelter medialer Rechte an Sportveranstaltungen ist vor allem das Kartellverbot nach § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV zu beachten, dem die Sportvereine und -verbände bei entsprechender wirtschaftlicher Tätigkeit unterliegen.

a) Die Praxis des BKartA bei der Zentralvermarktung von Sportrechten

Nachdem zunächst die EU-Kommission die kartellrechtliche Praxis im Sportbereich prägte, befasste sich das BKartA erstmals 2008 mit der Zentralvermarktung der Fußball-Bundesliga. Im Jahr 2012 fasste das BKartA erstmals einen Beschluss, als es für die Spielzeiten ab der Saison 2013/14 die Verpflichtungszusagen der DFL, die das Vermarktungsmodell der Bundesliga umfassten, nach § 32 b GWB für verbindlich erklärte. Es maß der Zentralvermarktung weiterhin einen wettbewerbsbeschränkenden Charakter bei. Gleichwohl erkannte es die Notwendigkeit eines gewissen „kollektiven Einflusses“ an, da z. B. der Spielplan zentral festgelegt werden müsse, was die wettbewerbsbeschränkende Wirkung abschwäche. Die liberale Haltung des BKartA sorgte schließlich dafür, dass sich Sky für die betreffende Rechtsperiode alleinig die wesentlichen audiovisuellen Live-Rechte an der Bundesliga und der 2. Bundesliga sichern konnte.

Im Gegensatz dazu setzt das BKartA in seinem Beschluss aus 2016 für die Spielzeiten ab 2017/18 erstmals eine Verpflichtung der DFL zur Durchsetzung eines Alleinerwerbsverbots voraus. Zwar hält es an seinen ursprünglichen marktfreundlichen Überlegungen zur Zentralvermarktung fest, sieht aber die Gefahr, dass die Möglichkeit des Marktzutritts beschränkt werde, falls die Live-Rechte an der Fußball-Bundesliga von nur einem Anbieter erworben werden. Anderenfalls drohe eine Marktabschottung, die den von Internet-Angeboten ausgehenden Innovationswettbewerb beschränken könne.

Das Alleinerwerbsverbot der audiovisuellen Live-Rechte ab der Fußball-Bundesliga-Saison 2017/18 führt zu Nachteilen des Verbrauchers, der nunmehr gezwungen ist, für eine komplette Berichterstattung zwei Pay-TV-Abonnements abzuschließen. Sky und Eurosport haben sich nicht auf eine Unterlizenzierung oder die Verbreitung ihrer Programme über eine gemeinsame Plattform einigen können.

Die Monopolkommission kritisiert in ihrem Hauptgutachten aus 2016 die bisherige Praxis des BKartA. Es fehlten eingehende Marktanalysen und empirische Grundlagen. Es bedürfe einer gesetzlichen Definition vermarktbarer Rechte und vor allem der Durchführung kartellrechtlicher Verfahren, die auf Grundlage einer eingehenden Marktuntersuchung mit einer förmlichen Entscheidung abgeschlossen werden müssten. Außerdem sollten Zuschauerinteressen mehr Berücksichtigung finden.

Die Entscheidungen des BKartA, insbesondere die verpflichtende Umsetzung des Alleinerwerbsverbots zeigen, wie stark der Einfluss des Kartellrechts auf die Angebotsstruktur im Sport sein kann.

Die Monopolkommission wird sich in ihrem Hauptgutachten 2018 erneut dieser Thematik annehmen.

b) Exkurs: Steht ein Ende der territorialen Exklusivität bevor?

Die mediale Verwertung von Sportveranstaltungen erfolgt typischerweise national oder sprachbezogen. Dies hat zum einen kulturelle und sprachliche Hintergründe, ein solches Vorgehen dient aber auch der Gewinnmaximierung der Rechteinhaber. Sie können für unter-schiedliche Territorien exklusive Rechte vergeben und damit höhere Vergütungen erzielen. Territoriale Exklusivität schützt Sender mit exklusiven Live-Rechten vor günstigeren audiovisuellen Parallelangeboten aus an-deren Ländern, die die Abonnementsgebühr schmäh-lern und zum Kundenverlust führen können.

Dennoch ist unionsrechtlich die Festlegung territorialer Exklusivrechte problematisch. Der EuGH hat in diesem Kontext bereits 2011 in der Rechtssache Karen Murphy entschieden, dass absolute territoriale Exklusivität ge-gen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV sowie das Kartellverbot nach Art. 101 AEUV verstößt. Auch die EU-Kommission hat in einem Kartellverfahren ge-gen Sky UK und sechs US-Filmstudios festgestellt, dass vertragliche Klauseln, die zum Geoblocking verpflich-ten, wettbewerbswidrig seien.

Ob dadurch ein Ende der territorialen Exklusivität droht, bleibt abzuwarten. Derzeit werden die medialen Rechte im Sport mit guten Argumenten weiterhin national vergeben. Die Verpflichtung paneuropäische Rechte anzubieten, würde zwar den Binnenmarktgedanken stärken, gleichzeitig ist darin aber auch die Gefahr begründet, dass ein etabliertes und funktionierendes System der Rechtevergabe ins Wanken gerät und einer weiteren Monopolisierung Vortrieb geleistet wird. Ein paneuropäisches Angebot wäre in der derzeitigen Marktsituation allenfalls für Internet-Riesen wie Google mit YouTube, Facebook oder Amazon umsetzbar. Wie schwer sich die Akteure mit der dafür notwendigen Aufweichung des Territorialitätsprinzips zugunsten des Ursprungslandprinzips tun, belegen die Diskussion im Rahmen der mittlerweile verabschiedeten EU-Portabilitätsverordnung und des Gesetzgebungsverfahrens zur EU-Cab/Sat-Verordnung.