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STATUS QUO | Social Media Recht – Update zu ausgewählten Rechtsfragen

Social Media ist nicht nur eine Trend-Erscheinung oder ein Hype: Es ist vielmehr ein Prozess, der das gesamte Kommunikations- und Konsumverhalten verändert. Diese Ressource strategisch gezielt und gewinnbringend einzusetzen (z.B. zur Kundenakquise), ohne einem unkalkulierbaren rechtlichen Risiko ausgesetzt zu sein, ist eine Herausforderung für Unternehmen aller Branchen.

Die Nutzung von Social Media birgt immer auch rechtliche und finanzielle Risiken. Rechtsverstöße sind einem breiten Publikum zugänglich und durch einen vermeintlich Verletzten leicht zu dokumentieren. Unternehmen sollten daher frühzeitig bei ihren mit der Pflege der Social Media-Accounts betrauten Mitarbeitern ein Bewusstsein für den rechtlich korrekten Umgang mit Social Media schaffen. Dazu gehört insbesondere die Sensibilisierung für einen rechtssicheren Umgang mit Content sowie dessen Auswahl und Einbindung in den Social Media-Auftritt.

Die rechtlichen Probleme bei der Nutzung von Social Media beschäftigen verstärkt die Gerichte. Diese justieren die Grenzen der rechtskonformen Nutzung. Die Rechtsprechung in diesem Bereich ist – der Entwicklung der Technik angepasst – ausgesprochen dynamisch. Nachfolgend möchten wir einen kleinen Überblick über aktuelle Gerichtsentscheidungen und Problemfelder im Umfeld von Social Media bieten.

I. Keine Veröffentlichung von privaten Nachrichten

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit! Private Nachrichten, die erkennbar nicht zur Veröffentlichung freigegeben sind, dürfen nach einem Beschluss des OLG Hamburg vom 4. Februar 2013 (Az.: 7 W 5/13) nicht in Social Media veröffentlicht werden. Das OLG Hamburg wertete die Veröffentlichung einer privaten Nachricht im Internet als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts sei Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers, woraus folge, dass ihm grundsätzlich allein die Befugnis zustehe, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Ausnahmen von diesem Grundsatz lässt die Rechtsprechung nur dann zu, wenn das öffentliche Informationsinteresse das berechtigte Interesse des Verfassers, mit dem Inhalt seines Schreibens nicht in der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, überwiegt. Das kann etwa dann angenommen werden, wenn eine Nachricht an einen Amtsinhaber mit dem Ziel gerichtet wird, rechtliche Schritte einzuleiten, und der Inhalt der Nachricht von öffentlichem Interesse war. Diese Voraussetzung trifft jedoch auf private Nachrichten, die etwa ein Kundenfeedback enthalten, regelmäßig nicht zu. Anders wäre dies jedoch zu beurteilen, wenn das Kundenfeedback nicht im Wege der privaten Nachricht, sondern z.B. über die Unternehmensseite bei Facebook öffentlich gepostet wird.

II. Framing von Content problematisch

Videos besitzen im Vergleich zu Texten eine größere Suggestionskraft, Reichweite, und Werbeerinnerung. Mit Bewegtbildern bzw. einem gezielten Bewegtbild-Management lassen sich Kommunikationsziele effektiver erreichen, da z.B. erklärungsbedürftige Produkte anschaulicher dargestellt werden können.

Insbesondere im Bereich von Videos und Bildern hat sich das Einbetten von fremden Inhalten (z.B. Videos von YouTube, Bilder von flickr, etc.) in eigenen Angeboten etabliert (sog. Embedded Content oder auch Framing), da das Einbinden aus technischer Sicht einfach und unproblematisch möglich ist. Aus juristischer Sicht kann das Einbinden von „Embedded Content” eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Wie das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 8. November 2011 (Az.: I-20 U 42/11) geurteilt hat, stelle die Einbindung fremder Bilder von einer Homepage ohne Erlaubnis des Rechteinhabers als „Embedded Content” auf einer anderen Webseite eine Urheberrechtsverletzung (Recht auf öffentliche Zugänglichmachung) dar. Das Framing soll von einem bloßen Hyperlink zu unterscheiden sein, bei dem den Nutzern der bereits eröffnete Zugang erleichtert werde. Beim „Embedded Content” dagegen werde das geschützte Werk durch denjenigen, der es auf seiner Seite eingebunden hat, selbst öffentlich zum Abruf bereitgehalten. Durch die Einbindung des geschützten Werks werde dieses nicht mehr in der vom Urheber beabsichtigten Weise öffentlich zugänglich gemacht, insbesondere weil dessen Website umgangen und sein Urhebernennungsrecht verletzt wird. Das OLG Köln hingegen deutet in einem Urteil vom 16. März 2012 (Az.: 6 U 206/11) an, dass das Framing keine eigenständige urheberrechtliche Verwertungshandlung darstellt. Das OLG Köln beruft sich auf die Rechtsprechung des BGH, nach der das Verlinken (auch im Wege des „Deep-Linkings“ – also unmittelbar auf Content fremder Websites) zulässig ist.

Der BGH hat in einem aktuell anhängigen Verfahren, das die Einbettung eines Youtube-Produktvideos auf der Website von Handelsvertretern eines Konkurrenz-unternehmens betrifft, die Rechtsfrage nach der urheberrechtlichen Zulässigkeit des Framings dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Beantwortung vorgelegt, da das Deutsche Urheberrecht Europäische Richtlinien umsetzt (Beschluss vom 16. Mai 2013, Az.: I ZR I ZR 46/12). Eine Entscheidung des EuGH steht noch aus und wird von uns mit Spannung erwartet.

III. Metatags und #Hashtags

Ein weiteres rechtliches Problemfeld im Zusammenhang mit Social Media ist das sog. „taggen“ von Content. Hierbei wird der Content entweder vom Content-Anbieter selbst oder aber durch die Nutzer (sog. „social-tagging“) verschlagwortet.

Die Verschlagwortung von Content ist nicht neu. Schlagworte als sog. Metatags sind bei der Programmierung von Websites schon lange üblich. Sie ermöglichen insbesondere Suchmaschinen die einfache Kategorisierung des Inhalts der jeweiligen Website. Auch Social Media nutzen die Verschlagwortung. Twitter, Instagram und neuerdings Facebook bieten dem Nutzer die Möglichkeit, den eingestellten Content mit Hashtags („#“) zu versehen und dadurch das Auffinden und Kategorisieren des Contents zu vereinfachen.

Beim tagging sind selbstverständlich ebenfalls rechtliche Rahmenbedingungen einzuhalten. Der BGH hat in einem richtungsweisenden Urteil vom 18. Mai 2006 (Az.: I ZR 183/03) festgestellt, dass die (für den Nutzer nicht sichtbare) Verwendung einer fremden Marke in Metatags eine Markenrechtsverletzung darstellen kann. Dies insbesondere dann, wenn eine eingetragene Marke durch einen Konkurrenten zur Verschlagwortung einer Website genutzt wird, auf der ein konkurrierendes Produkt beworben wird.

Der BGH beendete damit einen Streit darüber, ob die für den Nutzer nicht sichtbare Verwendung einer fremden Marke eine sog. markenmäßige Benutzung darstellt, die für die Annahme einer Markenrechtsverletzung stets vorliegen muss. Der EuGH hat in einem aktuellen Urteil vom 11. Juli 2013 (Az.: C 657/11) zu einem ähnlich gelagerten Fall die Rechtsansicht des BGH geteilt und festgestellt, dass die Verwendung von fremden Marken bzw. Produktnamen in Metatags zugleich auch eine Wettbewerbsverletzung darstellen kann.

Das Oberlandesgericht München hat sich in seinem Urteil vom 9. Februar 2012 (Az.: 6 U 2488/11) mit dem Fall beschäftigt, in dem ein Journalist in einem Beitrag das Geschäftsmodell eines Unternehmens kritisierte, dass Branchenbucheinträge bewarb und dabei bewusst nicht hinreichend über die Kostenpflichtigkeit des Angebots informierte. Der Unternehmensname und der Name des Geschäftsführers wurden sowohl im (sichtbaren) Text, als auch in den Metatags zusammen mit den Wörtern “Adressbuchschwindel” und “Adressbuchbetrug” genannt. Das Unternehmen sowie der Geschäftsführer sahen sich in ihren Rechten (Namensrecht und Persönlichkeitsrecht) verletzt und verklagten den Journalist auf Unterlassung. Das OLG München sah in dem konkreten Fall jedoch keine Verletzung der Rechte des Unternehmens und des Geschäftsführers und führte in seinem Urteil aus:

„Wenn sich ein Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell im Grenzbereich juristisch vertretbarer Handlungen bewegt, muss es sich im Rahmen des Meinungskampfs auch einer scharfen Kritik stellen, die bisweilen auch einen polemischen und überzogenen Charakter miteinbezieht. In diesem Kontext ist auch die Verwendung von Begriffen wie “Adressbuch Schwindel, Betrug, Formulartrick” von der Meinungsfreiheit gedeckt und zwar sowohl im sichtbaren Text einer Website als auch flankierend als “Keyword” im Meta-Tag.“

In einer Fallgestaltung, in der keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich jemand in einer „Grauzone“ bewegt, dürfte die Verletzung des Persönlichkeitsrechts gleichwohl zu bejahen sein.

Der BGH hatte in seinem Urteil vom 14. Mai 2013 (Az.: VI ZR 269/12) den Fall zu entscheiden, in dem ein Karlsruher Unternehmer Google verklagt hatte, weil bei Eingabe seines Namens in das Suchfeld der Suchmaschine sofort die Begriffe „Scientology“ und „Betrug“ als Ergänzung des Suchbegriffes vorgeschlagen wurden. Der BGH erkannte in diesen Suchvorschlägen tatsächlich eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, da für eine Verbindung des Unternehmers zu Scientology keine Anhaltspunkte vorlagen.

Die Verschlagwortung von Content in Social Media per Hashtag ist im Vergleich zu den bekannten Metatags relativ jung. Twitter etablierte diese Technologie zur Vereinfachung der Contentsuche. Hashtags werden vom Nutzer dadurch generiert, dass z.B. in einem Tweet einem Schlüsselwort ein # vorangestellt wird.

Zu möglichen Rechtsverletzungen durch Hashtags sind bislang – soweit ersichtlich – keine Gerichtsentscheidungen ergangen. Dennoch könnten sich die Grundsätze, die die Rechtsprechung zu Rechtsverletzungen durch Metatags entwickelt hat, grundsätzlich auf Hashtags übertragen lassen. Gerade weil Hashtags – anders als Metatags – für den Nutzer im Text sichtbar sind, könnte die Benutzung einer fremden Marke oder eines Unternehmensnamens als Hashtag eine Persönlichkeitsrechts-verletzung oder eine Markenrechts-verletzung – sofern eine markenmäßige Benutzung vorliegt – darstellen.

IV. Active Sourcing – Social Media und Recruiting

Nicht nur bei der Bewerbung eigener Dienstleistungen und Produkte ist Social Media ein relevantes Thema. Auch in den Personalabteilungen erhalten Social Media Einzug. So werden Social Media etwa bei der Überprüfung der „Netzreputation“ eines Bewerbers durch Unternehmen eingesetzt. Zudem können Social Media bei einer aktiven Ansprache von potentiellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als zielgruppengenaues Marketingtool von Vorteil sein (sog. Active Sourcing).

Bei ihrem Einsatz ist gleichwohl Vorsicht geboten. Das Abwerben fremder Mitarbeiter ist selbst bei einem planmäßigen Vorgehen zwar grundsätzlich zulässig. Bei Hinzutreten besonderer Umstände, wie der Verfolgung eines verwerflichen Zwecks oder bei Einsatz verwerflicher Mittel oder Methoden, kann sich jedoch ein Abwerbeversuch als wettbewerbswidrig darstellen. Über einen solchen Abwerbeversuch hatte das Landgericht Heidelberg in seinem Urteil vom 23. Mai 2012 (Az.: 1 S 58/11) zu entscheiden. Ein Unternehmen versuchte den Mitarbeiter eines Konkurrenz-unternehmens per Nachricht auf einem sozialen Netzwerk für berufliche Kontakte (hier: xing.de) u.a. mit der Formulierung „Sie wissen ja hoffentlich, was Sie sich da angetan haben?“ und „Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen Sie gelandet sind?“ abzuwerben. Das Gericht befand zu Recht, dass „eine solche negative Darstellung des Unternehmens der Klägerin und ihrer Qualitäten als Arbeitgeber ohne jegliche sachliche Begründung unverhältnismäßig in die berechtigten Interessen der Klägerin auf angemessene Darstellung in der Öffentlichkeit eingreift.“

Ein verwerflicher Zweck kann auch dann angenommen werden, wenn das Ziel der Abwerbung primär eine Behinderung oder Ausbeutung des Konkurrenzunternehmens ist. Unzulässige Mittel und Methoden werden von der Rechtsprechung unter anderem in folgenden Fällen angenommen:

  • bei der Verleitung zum Vertragsbruch (z.B. Bruch eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots),
  • bei irreführenden oder herabsetzenden Äußerungen das Konkurrenz-unternehmen betreffend,
  • bei unwahren Aussagen über geplante Personalmaßnahmen,
  • bei leeren Versprechen oder Versprechen rechtswidriger Vorteile.

Ein Abwerbeverbot kann auch dann bestehen, wenn die konkurrierenden Unternehmen in einem Vertragsverhältnis stehen oder aktuell Vertragsverhandlungen führen. In solchen Fällen wird von der Rechtsprechung ein besonderes Vertrauensverhältnis angenommen, im Rahmen dessen ein Abwerbeversuch sogar einen (strafbaren) Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 17 UWG) dar-stellen kann.

V. Haftung für private Social Media-Aktivitäten von Angestellten

Unternehmen müssen auch private Social Media-Aktivitäten ihrer Angestellten als potentielle Gefahrenquelle beachten. Ein Mitarbeiter (Autoverkäufer) eines Autohauses hatte auf seiner privaten Facebookseite Autos, die er für seinen Arbeitgeber verkaufen sollte, beworben. Dabei versäumte er jedoch, alle Pflichtangaben – insbesondere solche zu Verbrauchswerten der beworbenen Autos – anzugeben. Die Geschäftsleitung des Autohauses hatte keine Kenntnis von den „privaten“ Werbeanzeigen des Mitarbeiters. Ein Wettbewerber des Autohauses nahm das Autohaus auf Unterlassung der fehlerhaften Werbung in Anspruch.

In seinem zu diesem Fall aktuell ergangenen Urteil vom 4. November 2013 hat das Landgericht Freiburg (Az.: 2 O 83/13) entschieden, dass das Autohaus selbst für diese privaten Facebook-Postings seines Mitarbeiters haftet, da der Mitarbeiter „auf seiner privaten Facebookseite für den Kauf von Kraftfahrzeugen bei dem namentlich benannten Autohaus und unter Hinweis auf seine dienstliche Telefonnummer“ geworben hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob das Autohaus Kenntnis von dem Facebook-Posting hatte.

Ein Unternehmen kann und darf seine Angestellten und deren private Social Media-Aktivitäten nicht anlasslos überwachen. Gleichwohl zeigt der soeben beschriebene Fall, dass in Unternehmen auch der private Umgang der Mitarbeiter mit Social Media vorausschauend – etwa mit Hilfe von präventiven Regelungen in Arbeitsverträgen, im Idealfall in Verbindung mit Mitarbeiterschulungen – berücksichtigt werden sollte.

VI. Fazit

Social Media bieten Unternehmen viele Vorteile. Der Umgang mit ihnen ist aber ebenso gefährlich, wenn er planlos erfolgt. Eine ausgearbeitete Social Media-Strategie, die etwa im Rahmen verbindlicher Richtlinien für den Umgang mit Social Media im Unternehmen umgesetzt werden kann, ist unverzichtbar. Dies gilt umso eher, je mehr Mitarbeiter mit der Pflege der Social Media-Aktivitäten betraut sind.