Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen für ärztliche Fernbehandlungen geworben werden darf. Eine Internetwerbung mit der Aussage „Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App.“ verstoße gegen das Verbot der Werbung für Fernbehandlungen nach § 9 HWG.
Nach der neuen Fassung des § 9 Satz 2 HWG ist das Verbot zwar nicht auf die Werbung für Fernbehandlungen anzuwenden, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien wie Apps erfolgen. Dies setzte indes voraus, dass nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist. Der Begriff der „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ sei mit Blick auf die Pflichten aus einem medizinischen Behandlungsvertrag gemäß § 630a Abs. 2 BGB und die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu verstehen. Bezüglich einer umfassenden ärztlichen Primärvorsorge im Wege der Fernbehandlung, die vorliegend beworben wurde, kann laut dem Senat nicht festgestellt werden, dass diese allgemein anerkannten fachlichen Standards eingehalten werden. Mithin liege ein Verstoß gegen § 9 HWG auch in seiner neuen Fassung vor. Die Revision der Beklagten wurde daher abgewiesen.
Mehr hierzu in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs v. 09.12.2021.