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BVerfG: Bezeichnung eines Sängers als Antisemiten von Meinungsfreiheit gedeckt

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass eine zivilrechtliche Verurteilung zur Unterlassung der Bezeichnung eines Sängers als Antisemiten die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletze.

Die Beschwerdeführerin hatte einen bekannten deutschen Sänger im Rahmen eines Fachvortrags zum Thema Reichsbürger unter anderem als Antisemiten bezeichnet und hinzugefügt, dass dies auch „strukturell nachweisbar“ sei. Der Senat kam entgegen dem Berufungsgericht zu dem Schluss, dass die Bewertung des Klägers als Antisemit nicht auf dieser Behauptung aufbaue, sodass es auf eine fehlende Beweisbarkeit eines solchen strukturellen Nachweises nicht ankomme. Zudem betonte der Senat, dass wer im öffentlichen Meinungskampf zu einem abwertenden Urteil Anlass gegeben hat, eine scharfe Reaktion auch dann hinnehmen muss, wenn sie das persönliche Ansehen mindert. Der Kläger habe sich mit seinen streitbaren politischen Ansichten freiwillig zum Gegenstand öffentlicher Diskussion gemacht. Dem Kläger aufgrund seiner Abhängigkeit von der Zustimmung eines Teils des Publikums besonderen Schutz zu gewähren, hieße Kritik an den durch ihn verbreiteten politischen Ansichten unmöglich zu machen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidungen der Fachgerichte daher aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an die Fachgerichte zurückverwiesen.

Mehr hierzu in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts v. 22.12.2021