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BVerfG: Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne vorangegangene Anhörung verfassungswidrig

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Hanseatische Oberlandesgericht ohne vorherige Anhörung der Betroffenen, diese in ihrem grundrechtsgleichem Recht auf prozessuale Waffengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verletzt.

Das Recht auf prozessuale Waffengleichheit gebiete in einem gerichtlichen Verfahren der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen. Eine Anhörung sei nur in Ausnahmefällen entbehrlich. Erwiderungsmöglichkeiten auf eine Abmahnung könnten eine erneute Anhörung nur dann entbehrlich machen, wenn der Verfügungsantrag unverzüglich nach Fristablauf der Abmahnung eingereicht wird, die abgemahnte Äußerung sowie die Begründung für die begehrte Unterlassung mit dem bei Gericht geltend gemachten Unterlassungsbegehren identisch sind und der Antragsteller ein etwaiges Zurückweisungsschreiben des Antragsgegners zusammen mit seiner Antragsschrift bei Gericht eingereicht hat. Insbesondere wenn das Gericht dem Antragsteller Hinweise nach § 139 ZPO erteilt, sei eine entsprechende Anhörung der Betroffenen erforderlich.

Solche Hinweise hat das Hanseatische Oberlandesgericht in einer äußerungsrechtlichen Streitigkeit der Antragstellerin erteilt und nach entsprechender Änderung der Anträge eine einstweilige Verfügung erlassen, ohne die Antragsgegnerin anzuhören. Damit verletzte das Gericht laut dem Bundesverfassungsgericht ihr Recht auf prozessuale Waffengleichheit.

Mehr hierzu in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts v. 11.02.2022.