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STATUS QUO | Digitaler Binnenmarkt: Das Copyright Package zur Halbzeitbilanz

Am 10. Mai 2017 hat die Europäische Kommission („Kommission“) im Rahmen einer Mitteilung ihre „Halbzeitüberprüfung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt“ (COM(2017) 228 final) veröffentlicht. Die Strategie stammt aus Mai 2015 und umfasst mittlerweile 35 Vorschläge der Kommission. Einer dieser Vorschläge ist bislang umgesetzt worden. Im Hinblick auf das sog. „Copyright Package“ schließt die Kommission derzeit ihre Bewertung des geltenden Rechtsrahmens ab.

I. Hintergrund

Im Rahmen des „Copyright Package“ geht es der Kommission darum, die europäischen Urheberrechtsvorschriften auf den Online-Sektor zu übertragen und den bestehenden Regulierungsrahmen den Digitaltechnologien im Bereich der „neuen Medien“ anzupassen. Das „Copyright Package“ umfasst neben einer Kommissionsmitteilung jeweils zwei Vorschläge für neue Richtlinien und Verordnungen zum Urheberrechtsschutz im Digitalen Binnenmarkt, wobei jeweils eine Verordnung und eine Richtlinie den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Informationen für Menschen mit Behinderungen zum Gegenstand haben. Nachfolgend informieren wir Sie über die wesentlichen Neuerungen, die Eingang in die Kommissionsentwürfe gefunden haben.

II. Die einzelnen Regelungsvorschläge

Der Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (COM(2016) 593 final) beinhaltet im Kern drei urheberrechtliche Regelungskomplexe. Art. 3 dieser Richtlinie betrifft das sog. Text- und Data-Mining. Hier sollen die Mitgliedstaaten eine Ausnahme von den Rechten für Vervielfältigungen und Entnahmen vorsehen, die durch Forschungsorganisationen von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen für das Text- und Data-Mining vorgenommen werden. Voraussetzung ist hier der rechtmäßige Zugang zu diesen Gegenständen im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung. Rechteinhabern wird zugebilligt, Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Integrität der Netze und Datenbanken zu ergreifen.

Art. 4 dieser Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einer weitergehenden Ausnahme oder Beschränkung von in anderen Richtlinien festgelegten Rechten, „damit Werke und sonstige Schutzgegenstände für den alleinigen Zweck der Veranschaulichung im Unterricht digital und in dem Maße genutzt werden dürfen, wie dies durch diesen nichtgewerblichen Zweck gerechtfertigt ist“. Einschränkend soll diese ergänzende Nutzung jedoch nur in den Räumlichkeiten einer Bildungseinrichtung oder über ein gesichertes elektronisches Netz stattfinden. Durch Quellenhinweise soll der Name des Urhebers angegeben und damit seinen berechtigten Interessen Rechnung getragen werden.

Art. 5 dieser Richtlinie gestattet weitergehende Ausnahmen zum Zwecke des Erhalts des Kulturerbes. So soll es „Einrichtungen des Kulturerbes“ gestattet sein, „Werke und sonstige Schutzgegenstände, die sich dauerhaft in ihren Sammlungen befinden, unabhängig vom Format oder Medium für den alleinigen Zweck des Erhalts dieser Werke oder sonstiger Gegenstände in dem für diesen Erhalt notwendigen Umfang zu vervielfältigen.“

Der Vorschlag für eine Verordnung „mit Vorschriften für die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen“ (COM(2016) 594 final) sieht vor, dass das sog. „Ursprungslandprinzip“ künftig neben der Satellitenübertragung von Rundfunksendungen auch auf ergänzende Online-Dienste, die durch einen Rundfunkveranstalter oder unter dessen Kontrolle betrieben werden, anwendbar sein soll (Art. 2). Anderen Inhabern von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten soll es künftig lediglich noch möglich sein, „ihre Rechte zur Erteilung oder Ablehnung der Genehmigung für die Weiterverbreitung nur über eine Verwertungsgesell-schaft“ wahrzunehmen (Art. 3 Abs. 1). Zudem ist eine Fiktion zugunsten der Verwertungsgesellschaften bzgl. der Rechtewahrnehmung von solchen Rechte-inhabern vorgesehen, die ihre Rechte keiner Verwer-tungsgesellschaft übertragen haben (Art. 3 Abs. 2).

Eine weitere Richtlinie (COM(2016) 596 final) normiert Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die die Nutzung bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände ohne Zustimmung des Rechteinhabers zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Menschen betreffen. Für die Erstellung einer Kopie in einem zugänglichen Format soll nach Maßgabe des Art. 3 dieser Verordnung keine Zustimmung des Rechteinhabers erforderlich sein.

Schließlich regelt die Verordnung (COM(2016) 595 final) den grenzüberschreitenden Austausch von Kopien bestimmter geschützter Werke in zugänglichen Formaten zwischen der EU und Drittländern – ebenfalls zugunsten von Menschen mit solchen Behinderungen, die sich auf mediale Rezeptionsvermögen auswirken können. Neben der Definition von Pflichten für sog. „befugte Stellen“ betreffen die Regelungen im Wesentlichen Ein- und Ausfuhrbestimmungen für entsprechende Werke.

III. Ausblick

Da es sich bei den Richtlinien- und Verordnungstexten bislang lediglich um Vorschläge der Europäischen Kommission handelt, darf mit Spannung abgewartet werden, ob die Regelungskomplexe im Rahmen der weiteren Beratungen in Brüssel und Straßburg noch Änderungen erfahren werden. Unser Experten-Team wird Sie rechtzeitig über aktuelle Entwicklungen und Handlungsoptionen informieren. Sie können uns gerne kontaktieren, wenn wir Sie und Ihr Unternehmen bei einer Folgenabschätzung oder auch darin unterstützen können, berechtigte Anliegen an die beratenden Gremien auf der Ebene der Europäischen Union zu adressieren. Wir helfen Ihnen gerne bei der strategischen Ausrichtung Ihres Unternehmens.